NACHTSCHATTEN
In der Lüneburger Heide steht ein einsames Haus zum Verkauf. Jan Eckmann aus Hamburg ist daran interessiert. Er trifft jedoch auf eine äußerst mysteriöse Besitzerin. Elena Berg ist eben dabei, Briefe und Kleidungsstücke zu verbrennen. Bei der Besichtigung des Anwesens bleibt ein Zimmer verschlossen, wie in einer Folie konserviert steht in der Garage ein schwarzes Automobil. Eckmann nimmt Elenas Einladung an, über Nacht zu bleiben. Am nächsten Morgen ist die Frau wie umgewandelt, wie ein Liebespaar geht man sogar im Dorf spazieren. Allerdings muß Eckmann nun feststellen, dass die Einwohner ihm und seiner geheimnisvollen Begleiterin aus dem Weg gehen.
In der folgenden Nacht träumt Eckmann von seinem eigenen Grab und davon, dass Elena den Grabstein mit dem Todestag 27.7.1968 küsst, und gleichzeitig auch in seinem Zimmer war. Er verlangt nun ultimativ, dass das verschlossene Zimmer endlich geöffnet wird. Dieses ist seit drei Jahren nicht mehr betreten worden. Ein Kalender zeigt noch immer das Datum 27.7.68! Auf einer Fotografie glaubt sich Jan Eckmann als frisch Vermählten mit seiner jungen Frau Elena zu entdecken! Er ist vollends verwirrt. Doch Elena weicht seinen Fragen aus, indem sie ihn noch mehr umsorgt und betört. Sogar Erinnerungsfotos werden gemacht. Als Eckmann jedoch eine ältere Zeitung im Briefkasten findet, verbrennt Elena diese hektisch im Kamin. Dann will sie umgehend einen Heideausflug machen. Aber kaum unterwegs, erleidet sie in der Nähe eines gefährlichen Moores einen Schwächeanfall.
Nach Hause gebracht, fantasiert sie in fiebrigen Träumen. Eckmann muss ohne ihr Wissen im Dorfgasthof ein dringendes, berufliches Telefonat erledigen. Dort wird er vom Wirt sofort argwöhnisch beobachtet. Aber schliesslich kann er es nicht mehr für sich behalten: Ganz eindeutig müsse er doch Werner Berg sein, Elena Bergs Ehemann - oder zumindest sein Doppelgänger. Aus einem alten Zeitungsartikel erfährt Eckmann von einem aufsehenerregenden Mord-Prozess gegen Elena. Allerdings konnte ihr am Ende doch keine Schuld am Tod ihres Mannes nachgewiesen werden. Seitdem jedoch dichtet man ihr geradezu unheimliche Kräfte an. Und alleine möchte man ihr nicht mehr begegnen.
Elena sieht keinen Grund mehr, vor Eckmann die Wahrheit weiter zu verbergen. Noch in der selben Nacht gesteht sie ihm, daß Werner Berg sie verlassen wollte. Nach einem Streit sei er plötzlich in ein lebensgefährliches Moor losgelaufen.Und sie habe ihn bewußt nicht davor gewarnt.
Ganz langsam habe ihn dann der tödliche Sumpf verschlungen. Nach ihrem Geständnis stirbt Elena an einer Überdosis Schlaftabletten. Sie kann nicht mehr leben - ihr Herz
Ist gebrochen.
DIE VERTREIBUNG
AUS DEM PARADIES
In München liegt die Mutter von Anton Paulisch im Sterben. Nach vielen Jahren der Emigration kehrt Andy Pauls - so sein Künstlername - auf ihren letzten Wunsch hin in seine Geburtsstadt zurück. Er ist nach Rom ausgewandert, um dort als Schauspieler Karriere zu machen. Da diese allerdings noch immer auf sich warten lässt, erhofft er sich von einem Erbe auch eine Verbesserung seiner kargen Lebensumstände. Die Mutter stirbt jedoch bevor sie ihren Sohn ein letztes Mal sieht. Schnell stellt sich heraus, dass ihr kleines Fotogeschäft hoch verschuldet ist. Ohne ihre fleißige Tochter Astrid wäre es längst geschlossen worden.
Astrid ist es auch, die Andy nicht sogleich wieder nach Rom zurückfahren läßt. Bei ihr findet er erstmals wieder so etwas wie Geborgenheit. Er verliebt sich in sie, zumal er von ihr als weltläufiger kleiner Kinoheld bewundert wird. Erstaunlicherweise ergeben sich nun in München manche Kontakte, wird er für kommende Filmprojekte in Betracht gezogen, gerät er auch an windige Sexfilmer, entsteht sogar ein allerdings total missglückter Werbefilm. Der Optimismus ist jedoch bald wieder verflogen, auch die Beziehung zu seiner Schwester wieder abgekühlt. Zeigt es sich nämlich, daß sie bereits seit längerem von einem Bankfilialleiter bedrängt wird, und sogar die konkrete Absicht auf Heirat besteht.
Andy Pauls ist froh, schliesslich doch noch ein ganz besonderes Angebot zu bekommen. Ganz spontan hat er bei einem Streit einer Gräfin "Erste Hilfe" geleistet. Aus Dankbarkeit wird er von ihr - einer höchst faszinierenden Hochstaplerin - als "Persönlicher Sekretär" verpflichet. Von nun an nehmen sie gemeinsam mittels Anzeigen betuchte aus. Doch die gesammelten Preziosen erfordern sehr bald auch die entsprechenden Kontakte in die "Unterwelt": Sie verlieren alles wieder.
Tatsächlich heiratet Astrid den Filialleiter, aber bereits am folgenden Tag wird sie abtrünnig und kapert kurz entschlossen den BMW ihres Gatten, um mit ihrem Bruder und der "Gräfin" nach Rom abzuhauen. Dort nämlich soll ein internationales Filmprojekt auf den Hauptdarsteller Andy Pauls warten! Zu aller Erstaunen zeigt sich erst jetzt, daß der biedere Filialleiter ein eifriger Betrüger war. In seinem Auto findet sich nämlich ein ganzer Werkzeugkasten voller Geld! Aber nur die "Gräfin" ist davon wirklich beeindruckt. Sie entscheidet sich spontan für den Banker.
Als wären sie die Hauptpersonen eines doch noch glücklich ausgehenden Films rollen die beiden Geschwister in die römischen Cinecittà-Studios ein. Und tatsächlich: ein Engel weist ihnen sogar den weiteren Weg...
RHEINGOLD
Der Trans-Europ-Express "Rheingold" verkehrt täglich zwischen Hoek van Holland und Genf. Bereits seit Jahrzehnten ist er eine Legende. Nicht nur deshalb weil ein Teil seiner Strecke dem Rheinlauf folgt, sondern auch, weil sich mit diesem Namen eine seltsame Mischung aus Mythologie und Luxus verbindet.
Für Elisabeth Drossbach hat dieser Zug jedoch noch eine ganz andere Bedeutung. Nur in und mit ihm konnte sich nämlich die leidenschaftliche Beziehung zu einem Schulfreund entwickeln. Ihre Sexualität wurde vom Fahrplan bestimmt. Ihre regelmässigen Reisen von Genf zu ihrer Mutter nach Düsseldorf waren der Anlaß. Wolfgang Friedrichs wiederum schätzt die ungebundene Arbeitsweise eines Minibar-Kellners. Vor allem aber liebt er das Ambiente einer Welt, welches ihn bereits als Kind zu einem Eisenbahn-Fan werden ließ. Von Anbeginn an hatte das Fahren auf Schienen auch einen stark erotischen Aspekt - der "Rheingold" war seine Erfüllung.
Als Elisabeth diesmal in Düsseldorf in Richtung Genf einsteigt, weiß sie, daß sie Wolfgang zum letzten Mal sehen wird. Sie will nämlich ihrem Mann, der als UNO-Diplomat versetzt wird, nach New York folgen. Aber Elisabeth schafft es nicht wirklich, Wolfgang das Ende ihrer Beziehung klar zu machen. Im Gegenteil, wieder schlafen sie im fahrenden Zug miteinander. Doch bereits in Bonn nimmt die noch einen ganz anderen Verlauf: Elisabeths Mann steigt überraschend zu und sieht seine Frau nur Sekunden in einer verfänglichen Situation. Mit aller Entschiedenheit offenbart er sich und nimmt mit Elisabeth in einem anderen Abteil Platz. Die Sache scheint ausgestanden... Ein harmloses Geschenk von Elisabeths Mutter jedoch wandelt sich langsam zu einem zitternden Mordinstrument. Plötzlich ist dieser Brieföffner in Drossbachs Hand und stösst auf die lesende Frau ein!
Beim nächsten Halt verlässt Drossbach fluchtartig den Zug. Doch noch am Bahnhof nimmt er ein Taxi und rast hinter dem "Rheingold" her. Elisabeth Drossbach verblutet innerlich. Sie weist jede Hilfe von sich und versucht, ihren Zustand - auch vor Wolfgang - zu verbergen. In fiebrigen Bildern läuft nun mehr und mehr ein Lebens-Film ihrer Beziehungen ab, immer stärker wird die Sexualität vom Tod überlagert - wird der Zug zur Zeitmaschine... Tatsächlich erreicht Karl-Heinz Drossbach in Freiburg wieder den Zug, aber Elisabeth kennt ihren Mann nicht mehr. Als der "Rheingold" in Basel ein letztes Mal den Rhein überquert, stirbt sie.
DER WILLI-BUSCH-REPORT
1979: An der unüberwindlichen deutsch-deutschen Grenze - der Nahtstelle zweier Gesellschaftssysteme - ist die Zeit stehen geblieben. Am Ende der westlichen Welt mag dies für einige sehr erholsam sein, für die "Werra-Post" ist es jedoch lebensbedrohlich. Es ist absehbar, wann die einstmals blühende "Heimatzeitung für das Werratal" zum letzten Mal erscheint - wenn da nicht die Geschwister Wilhelm und Adelheid Busch wären. Im Bewusstsein, von ihrem Vater ein schweres Erbe übernommen zu haben, geben sie mehr oder weniger ihr Bestes. Aber erst als Willi eine alte Geschichte aus der NS-Zeit ausgräbt, ist zumindest der freie Auflagenfall vorübergehend gestoppt: Faktisch ist nämlich der berüchtigte Dr.Goebbels noch immer Ehrenbürger des schmucken Städtchens Friedheim! Die Honoratioren sind ausgesprochen irritiert. Im Zuge weiterer Enthüllungen werden der "Werra-Post" bald die amtlichen Bekanntmachungen entzogen. Doch wohl nicht ganz umsonst ist Willi ein Namensvetter des legendären Dichters und Zeichners Wilhelm Busch.
Während der eine das verschlafene Provinzleben mit bissigem Humor attackierte, macht der andere tagtäglich mit seinem klapprigen Messerschmitt-Kabinenroller immerhin die Gegend unsicher - nicht selten auch noch mit einem Busch-Vers auf den Lippen. Willi entschliesst sich, nun auch die Ereignisse selbst in die Hand zu nehmen. Nur so sieht er für die "Werra-Post" eine erfolgreiche Zukunft. So wird aus einem an der Grenze spielenden Kind ein Wunder: "Mädchen (5 Jahre) sieht die Wiedervereinigung voraus!"
Ein anläßlich eines Vereinsjubiläums herbeigeeilter Jugendfreund soll jedoch zu einer noch sensationelleren Titelgeschichte werden. Als inzwischen weltweit agierender Illustrierten-Journalist, belächelt er die Bemühungen der kleinen "Werra-Post". Noch in der Nacht stirbt er bei einem Liebesakt. Ohne zu zögern macht Willi aus der Leiche einen Spion und deponiert sie direkt an der Grenze zur DDR. Spätestens jetzt wird Willi die Geister, die er rief, nicht mehr los. Denn dunkle Männer sind in die Stadt gekommen. Schon wird eine weitere Leiche gefunden. Friedheim mutiert zum grossstädtischen "Spionagenest".
Jedenfalls explodiert die Auflage der "Werra-Post" in ungeahnte Höhen. Und als schließlich auch noch ganze Busladungen voller Wallfahrer das "Wunderkind von der deutsch-deutschen Grenze" sehen wollen, gerät Willi in eine tiefgreifende Existenzkrise. Aus einem akuten Verfolgungswahn ist längst auch eine körperliche Bedrohung geworden. Mit einem Gewehr bewaffnet will er schliesslich in die DDR flüchten.
ZEICHEN & WUNDER
Im "Europäischen Patentamt" in München geschehen unheimliche Dinge. Am 7.6.1981 werden diese erstmals auch für Aussenstehende sichtbar. Die Behörde muß wegen ständig steigender Innentemperatur geräumt werden. Innerhalb von wenigen Tagen ist sie zum glühenden Stahlkörper geworden! Schnell haben sich die diversen TV-Sender in Stellung gebracht und versuchen, mit Sondersendungen und Live-Schaltungen dem Phänomen auf die Spur zu kommen: Ihre aufgeregten Bilder umschwirren die Welt. Allerdings sind diese zunehmend von unerklärlichen Störungen bedroht, der endgültige Bilderkollaps rückt immer näher... Offensichtlich ahnt nur eine gewisse Maria Schwarzlose, was sich dahinter wirklich verbirgt. Die Quelle allen Unheils wird in einem Keller des EPA ausgemacht: Ein Patent zu einer völlig neuartigen Energietheorie hat sich - "selbsttätig akkumulierend" - in einen anderen Aggregatzustand versetzt. Der Urheber dieses Patents ist Marias verstorbener Vater!
Längst ist allgemeiner Katastrophenalarm ausgelöst worden. Während hinter den Kulissen Tag und Nacht verzweifelt nach einem Ausweg gesucht wird, sonnt sich bereits so mancher Bürger der Stadt in den Isarauen. Sogar noch weit nach Mitternacht liegt man entspannt in der angenehmen Strahlung des glühenden Amtes. Die offenbar flüchtige Maria Schwarzlose wird endlich ausfindig gemacht und gerät umgehend in die Fänge eines Psychologen. Aber nicht nur von ihm wird sie unter Druck gesetzt. Auch eine besonders aggressive TV-Station ist mit allen technischen Mitteln hinter ihr her. So bestehen inzwischen keine Zweifel mehr darüber, daß Marias Vater und eine ungewöhnliche Briefmarke, die dem Europäischen Patentamt gewidmet ist, tatsächlich in einer "energetischen Beziehung" stehen. Und von heimlich aufgenommenen Videobändern, welche Maria unter anderem bei seltsamen "Licht-Ritualen" zeigen, ist inzwischen auch die Fachwelt beeindruckt. Stehen wir vor einer völlig neuen Definition der irdischen Lebensenergie?
Aber die Trupps des Katastrophenschutzes tun unerbittlich ihre Arbeit. Sie müssen das phantastische Energiezentrum ausschalten, wenn die öffentliche Ordnung in und um München wieder hergestellt werden soll. Zumal auch die TV-Sender endlich wieder störungsfreie Bilder erwarten. Als wäre es wie von einem Lichtschalter ausgeknipst, erlischt das leuchtende "Kraftwerk" plötzlich und hinterlässt eine seltsame Dunkelheit. Hat sich damit eine drohende Welt-Katastrophe in Nichts aufgelöst oder ist eine einzigartig blühende Zukunft verhindert worden? Jedenfalls Maria Schwarzlose ist wieder verschwunden.
DER WESTEN LEUCHTET!
Harald Liebe ist Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes der DDR - er ist ein Spion. Am 13.Oktober 1981 reist er mit einem neuen Auftrag in die Bundesrepublik Deutschland. Er hat zu überprüfen, ob der Agent "Heinz" ein Doppelspion ist und tatsächlich sowohl für den Osten als auch für den Westen arbeitet. Aber hinter dem Decknamen Heinz verbirgt sich eine ihn zutiefst irritierende Frau. Wie erwartet liefert ihm die Chef-Sekretärin zwar neues, geheimes Material aus der obersten Etage des Münchner Rüstungskonzerns MMU, aber vom ersten Augenblick an ist Harald Liebe in einem unlösbaren Zwiespalt. Einerseits muß er davon ausgehen, daß ihn diese Frau mit wertlosen Unterlagen zu täuschen versucht, andererseits erliegt er sehr schnell ihrer ungemein souveränen Professionalität, die sich mit einer luxuriösen, westlichen Lebensart verbindet. Und als sie dann bei einer Routine-Kontrolle der Polizei kurzzeitig das irritierte Liebespaar mimen müssen, ist es um ihn geschehen.
Aber Harald Liebe muß seinen Auftrag zu Ende bringen. Auch wenn er nun weiss, dass Dagmar Ostfelds Mann offensichtlich als Folge einer industriepolitischen Verschwörung bei einem manipulierten Flugunfall zu Tode gekommen ist und tiefste Rachegefühle Dagmar zur Spionin haben werden lassen. Sich als langjähriger Bekannter ausgebend, dringt er über Dagmars Tochter endgültig in eine Privatsphäre ein, die ihm jedoch vollends zur Falle werden soll. Dagmar ist nur kurz schockiert. Liebe wird umso schneller, fast wie ein zukünftiges Familienoberhaupt, akzeptiert und in ein westliches "Schlaraffenland" aufgenommen, welches ihm zunehmend die Sinne raubt. Er ahnt zwar, dass nicht nur die "Verschwörer" wieder aktiv werden, sondern auch der westdeutsche Nachrichtendienst. Längst hat der wieder seine Spur aufgenommen - man beschattet die beiden bereits Tag und Nacht. Möglicherweise vernebelt nun auch noch der Alkohol die Sinne, aber als Dagmar Ostfeld allen Ernstes Harald Liebe die Flucht in ein Land wie Liechtenstein oder Monaco vorschlägt, glaubt er endgültig in einem Märchen gelandet zu sein.
Am folgenden Morgen ist Dagmar tatsächlich verschwunden. Sie kommt allerdings nicht weit. Wegen technischen Defekts an ihrem Auto ist sie in den Tod gerast. Es hilft nichts mehr, wenn nun die Tochter ihn zum Bleiben überreden will. Liebe muß sich unverzüglich absetzen. Über einen Verbindungsmann kann er sich in letzter Sekunde aus einem Pornokino vor dem Zugriff der Polizei retten. Von Harald Liebe findet man nur noch Jacke, Tasche und Hut.
DORMIRE
Inge Romanek hat sich die Fahrt im Nachtzug von Hamburg nach München etwas anders vorgestellt. Statt eines Freundes stürmt in letzter Minute eine Frau herein. Ohne Gepäck, in einem eleganten Abendkleid. So gar nicht für eine solche Reise vorbereitet, erweckt die nervöse Blondine sofort das Interesse der neugierigen Journalistin. Diese leiht der geheimnisvollen Reisenden gerne das nötige Geld für die Fahrkarte. Aber plötzlich weiss Inge auch, daß sie den personifizierten Alptraum ihrer Kindheit vor sich hat: Ja, diese Frau ist das nun erwachsene Wunderkind Claudia Danner!
Bereits mit 9 Jahren trat es in den Konzertsälen Europas auf und sollte zum unerreichbaren Vorbild der musikalisch völlig unbegabten Inge werden - ihre Eltern wollten es so. Natürlich bestreitet die angebliche Sylvia Lang, daß sie auch nur entfernt mit Claudia zu tun hätte. Aber ihr Verhalten wird immer verdächtiger. Und nachdem sie von Inge gerade noch dabei entdeckt wird, wie sie sich mit einer Überdosis Pillen umbringen will, legt sie ein erstes Geständnis ab. Immerhin gibt sie ihre frühere Karriere zu, ansonsten ist sie jedoch wenig auskunftsfreudig. Inge Romaneks Interesse läßt keineswegs nach. Deshalb wird sie heimlich mit denselben Pillen in einen Dämmerschlaf versetzt, die angebliche Pianistin will beim nächsten Halt nämlich aus dem Zug fliehen. Als wollte sie Inges Vermutungen übererfüllen, spricht sie zum Abschied druckreif in Inges Memocorder: Sie hat zusammen mit ihrem Stiefsohn ihren Mann - den expansiven Groß-Bauunternehmer Rohnfelder - mittels eines vergifteten Whiskys umgebracht.
Noch vor der nächsten Station wacht Inge jedoch wieder auf. Voller Zorn beginnt sie eine Verhör, welches im Abspiel des "Geständnisses" gipfelt. Inge Romanek sieht sich in der seltsamen Lage, daß ihr früher unerreichbares Vorbild nun völlig in ihrer Hand ist! Es kommt gar zu einem körperlichen Kampf. Aber von dieser Sekunde an sind die beiden wie ausgewechselt. Inge Romanek darf exklusiv die Ereignisse um Claudia Rohnfelder journalistisch verwerten, und dafür will sie Claudias Flucht nun unterstützen. Dies führt sogar so weit, dass sie vorübergehend ihre Rollen wechseln, um so eine Polizeikontrolle zu überstehen.
Die Tatsache allerdings, dass sich bereits seit Hamburg auch Claudias Stiefsohn im Nachtzug befindet, macht den Plan nicht einfacher. Jedenfalls kommt Claudia in München allein in den Zug zurück und fährt nach Salzburg weiter. Die Morgenzeitungen berichten bereits von einer legendären Pianistin und einem mysteriösen Mord...
UNTER 4 AUGEN
Alfons Schilling beobachtet von Niklaus Schilling
Im Sommer 1986 trafen sie sich in New York. Sie wollten zusammen einen Film machen. Sie sind Brüder. Beide beschäftigen sich mit der Wahrnehmung von Bildern. Der eine will Geschichten erzählen, der andere stellt sie in Frage. Der eine zeigt eine neue filmische Realität - der andere zweifelt schon am Auge als Apparat, welches diese Realitäten wahrnehmen soll. Alfons Schilling ist ein Maler, der sich vor 24 Jahren aufgemacht hat nach New York. Damals bot die neue Welt nicht nur eine neue Perspektive sondern unzählige. Sie war für nicht wenige der Gegenpol zu einem Europa, das mehr und mehr zum Museum zu werden schien. Die Kunst benötigte für Alfons Schilling dringend einen neuen Bezug, und der konnte nur die direkte Verbindung zu den Wissenschaften sein. In den USA forschte man nach deren Zukunft. Dort in den Labors fühlte er sich seiner Sache ganz nah. Und so wurde sein Atelier bald zur Werkstatt und zum Labor.
"Cosmos Action Painting" heisst Niklaus Schillings zweiter 8mm-Film aus dem Jahre 1962. Er zeigt seinen Bruder Alfons in Paris bei den ersten Versuchen, die Begrenzung der Leinwand zu sprengen. Bereits diese rotierenden Bilder signalisieren, dass die herkömmlichen Betrachtungsmassstäbe grundsätzlich in Frage gestellt werden müssen. So steht 25 Jahre später tatsächlich die Beschäftigung mit dem Prinzipiellen eines Sehvorgangs im Vordergrund, sind unzählige Apparaturen entstanden, die dem menschlichen Augen vorgeschaltet werden, es gar ersetzen wollen. Es sind teilweise gewaltige Maschinen - Objekte und Plastiken, die den Betrachter dazu zwingen, das Sehen von Grund auf neu zu koordinieren. Oben ist nicht mehr oben - oben ist unten und hinten ist möglicherweise vorn. Eine Höhle wird zum transparenten Stein. Vorsichtig, den Fuss vor den anderen setzend, schwebt man am Himmel oder unter Wasser. Die vertraute Materie, der Raum verzerrt sich, dehnt und biegt sich, seine Dimensionen verschieben sich ins fast Unerträgliche... Müssen wir erst blind werden, um in der ständig anwachsenden alltäglichen Bilderflut wieder sehen zu können?
Der Filmemacher Niklaus Schilling beobachtet seinen Bruder Alfons mit der Kamera. In New York, aber vor allem in den "Canyonlands" in Utah, führt er mit ihm ein "optisches Gespräch". Der Film ist auch das Ende eines langen Kapitels: 24 Jahre Leben und Arbeiten in New York. Alfons Schilling hat danach die USA verlassen, ist nach Europa zurückgekehrt.
DER ATEM
Jens Lohkamp wird von einem Schatten aus seiner Kindheit verfolgt. Zusammen mit seiner kleinen Schwester wurde er damals das Opfer einer Entführung. Zwar konnte er entkommen, aber seine Schwester wurde umgebracht. Der Täter blieb unauffindbar.
Zwanzig Jahre später ist Jens fest entschlossen, den Alptraum aus Angst und Schuld endlich zu beenden. Als Software-Spezialist und Entwickler von realitätsbezogenen Simulationsprogrammen glaubt er, dafür nun endlich einen Weg zu wissen. Eines Nachts beginnt er mit dem schnellsten Rechner der Welt die Suche nach dem grausamen Entführer: Die Rekonstruktion eines Mörders, das Programm "Layout-Man", läuft.
Eine junge TV-Visagistin Evelyn, die mit Jens seit einer Fernsehdiskussion befreundet ist, wird ihm jedoch den entscheidenden Hinweis geben. Sie will aus sentimentalen Gründen ihren "verlorenen Vater" auf einem 20 Jahre alten Foto "zeitperspektivisch hochrechnen" lassen, um so wenigstens ein aktuelleres Bild zu besitzen. Bald ist der komplexe Prozeß nicht mehr zu stoppen. Realität, Erinnerung und Fiktion schieben sich unlösbar ineinander. Es wird immer wahrscheinlicher, dass der Entführer auch Evelyns Vater ist - und dass er lebt!
Diesem Mann namens Brock ist es nämlich gelungen, mit einer neuen Identität in der Anonymität unterzutauchen. Nun spürt er plötzlich eine akute Gefahr. Über Jens' Frau will er mehr über den aktuellen Stand der Simulationsforschung erfahren. Als er dann aber seine Tochter überraschend wiedertrifft, kann er das keineswegs als letzte Warnung deuten. Denn Jens arbeitet weiter - auch wenn er Evelyns Vater zum Mörder machen muss. Er hat nämlich bereits einen rechnerischen Doppelgänger geschaffen, der in traumatischen Momenten gar dem Computer entsteigen will. Einen mysteriösen Autounfall überlebt Jens nur mit Glück: Es bleibt nicht mehr viel Zeit, Brock an seiner empfindlichsten Stelle zu treffen.
Bei einer Programm-Demonstration am zentralen Computer des bundesweiten Registeramts gelingt es Jens, die Person Günther A. Brock zum fiktiven Spielmaterial zu erklären: Dabei wird dieser gelöscht. Schlagartig zerreisst Brocks gesamtes Daten-Tarnnetz. Telefon, Energie, Wasser usw. alles wird gekappt, sämtliche Terminals verweigern ihm ab sofort die Benutzung. In wenigen Wochen verarmt er zum Stadtstreicher. In einer Konfrontation mit der Polizei stürzt sich Brock schließlich zu Tode. Auch seine Tochter kann ihm nicht mehr helfen.
Jens Lohkamp verläßt die staatsnahe Firma "Dativ" und
gründet das unabhängige Software-Haus "Diversa".
DEUTSCHFIEBER
Der 2.Teil des WILLI-BUSCH-REPORT
Das Städtchen Friedheim am Ende der westlichen Welt ist spätestens im Jahre 1980 in einen Tiefschlaf gefallen. Mit der letzten Ausgabe der Heimatzeitung "Werra-Post" ist auch der berühmt-berüchtigte Journalist Willi Busch arbeitslos geworden und fristet seine gleichförmigen Tage - bis zum 12.November 1989. Am Morgen dieses Tages überrollen die historischen Ereignisse, die mit dem 9.November in Berlin ihren Anfang nahmen, ebenso das Werratal! Über die auch hier gefallene deutsch-deutsche Grenze strömen Menschen, Emotionen und Ideen als wäre ein Fieber ausgebrochen. So bleibt es nicht aus, dass Willi mit der Folge einer weit zurückliegenden deutsch-deutschen Familienfeier konfrontiert wird: Sascha ist tatsächlich seine leibliche Tochter, und sie will unverzüglich aus der DDR übersiedeln, nun endlich bei ihrem Vater einziehen. Zwar möchte sie auch die wahre "Willi-Busch-Legende" in Erfahrung bringen, aber vor allem will sie mit dem ebenso legendären Messerschmitt-Kabinenroller fahren...
Als dann auch noch Willis Schwester Adelheid und eine ehemalige Freundin voller Euphorie wieder im Tal auftauchen, ist die Familie komplett. In der Stadt geht es Tag und Nacht drunter und drüber. Ein Forschungsinstitut hat ausgerechnet Friedheim für den "1.Deutsch-deutschen Markttest" auserwählt. Der überagile Bürgermeister plant mit dem östlichen Burgstadt bereits gewaltige Joint-Ventures. Das Werratal soll wieder aufblühen, um jeden Preis.
Der Test scheint binnen weniger Tage bereits das Gegenteil zu bewirken. Stellt sich doch heraus, daß die Bürger durch abstruse Sende-Apparaturen in ihrem Konsumverhalten total manipuliert werden. Vor allem die neuen Konsumenten aus der DDR sind überfordert. Sogar Willi lernt die hinterhältigen Methoden am eigenen Leib kennen. Allerdings hat er vorerst andere Prioritäten, wird er doch aufs Heftigste von einer attraktiv-geheimnisvollen DDR-Laborantin aus dem ebenso mysteriösen "Haus des Körpers" abgelenkt. Daß dort eine unheimliche "Rekultivierungsechse" gezüchtet wird, interessiert ihn nicht minder.
Die politische Lage spitzt sich während dessen immer weiter zu. Die anderen drei Frauen entschliessen sich, dem revolutionären Aufruhr im wiedervereinigten Tal eine Stimme zu geben: Die "Werra-Post" erscheint wieder! Und damit naht nicht nur das Ende der "regierenden" Bürgermeister in Ost und West. Ein Netz von Manipulation, Korruption und Begünstigung drohte sich nämlich bereits wieder über das befreite Werratal zu legen. Es ist Willi, der mit einer spontanen Brandrede der fröhlichen Rebellion den entscheidenden Schwung verleiht: Tatsächlich, eine „Freie Werra-Republik" könnte ganz real sein - „Willi Busch for President! Willi Busch für Präsident!"
DIE BLINDE KUH
Frühjahr 1994 - Noch streitet sich die Wissenschaft. Und es gibt Stimmen, die behaupten, daß jene seit dem 20.April auf einer bestimmten Satelliten-Frequenz Nacht für Nacht unheilvoll flimmernden Hakenkreuze und Hitler-Bilder aus dem Weltraum sogenannte Rückkopplungen von fernen Galaxien seien, die ihren Ursprung in TV-Versuchssendungen der NS-Industrie in den 40er-Jahren hätten. Aber bei ASTRA in Luxemburg ist man bereits weiter. Dort ist man davon überzeugt, daß die bedrohlichen Störphänomene einen ganz aktuellen Anlass haben. Und dass sich die Quelle in der Nähe Berlins befindet. So begegnen sich zwei extrem ungleiche Männer und machen sich auf Spurensuche. Ein luxemburgischer Ingenieur und ein Science-Fiction-Autor und Gelegenheitsjournalist aus Ost-Berlin verbünden sich schliesslich mit einer jungen Offizierin der sich im Ausnahmzustand befindenden russischen Truppen im Osten Deutschlands. Sie ist die letzte Verwalterin des äusserst dubiosen, geheimen, früheren deutschen "Instituts für Bildtransfer".
In den Wirren der bis August 94 vom Staatsgebiet der verschwundenen DDR abziehenden ehemals sowjetischen Armeen steigt man hinab in die brandenburgischen Grabkammern: Eine labyrinthische Gegenwelt tut sich auf. Und tatsächlich finden sie hier jenen legendenumrankten, weltersten "Fernsehzug", der das Objekt der Begierde einer medialen Verschwörung ist, die nur eines zum Ziel hat: Der im "Felde unbesiegten" deutschen Fernsehtechnologie doch noch zum Sieg zu verhelfen. Nach 50-jähriger Unterbrechung hat sich das Unternehmen "Blinde Kuh" wieder in Bewegung gesetzt. Und bereits in der Probephase erweist sich erneut die hohe Könnerschaft des alten "Zugpersonals".
Am 23.Mai 1994 um 20 Uhr ist es dann soweit: Sekundengenau wird via Satellit die Tagesschau des Ersten Deutschen Fernsehens "überfallen", beginnt ein "deutschnationales" Programm, gesendet aus dem reaktivierten rollenden Geister-Studio im Bunkerbahnhof tief unter der Erde. Und nur die Tatsache, daß diese Programm-Erpressung doch nicht in alle Sendebereiche geschaltet werden konnte, ermöglichte es den Verantwortlichen, die wahren Hintergründe des "Tagesschau-Skandals" bis heute zu vertuschen.
Die Handlung dieses Films und die verwendeten Dokumente sind nicht völlig frei erfunden. Teilweise basieren sie auf Spuren und perspektivisch weiterentwickelten Tatsachen. Jede weitere Ähnlichkeit mit Personen, Orten und Ereignissen wäre jedoch rein zufällig.